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Marokkanischer Frühling


Enviado por   •  12 de Julio de 2014  •  2.099 Palabras (9 Páginas)  •  145 Visitas

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Einleitung

Im vergangenen Jahr wurden Teile der Arabischen Welt von einer Welle der Umbrüche und Revolutionen erfasst. Die Selbstverbrennung Mohamed Bouazizis am 17. Dezember löste in Tunesien starke, anhaltende Unruhen aus, die den Diktatoren Zine el-Abidine Ben Ali veranlasste am 14. Januar fluchtartig das Land zu verlassen und somit den Weg Tunesiens zu einer Republik bereitete. Wie bei einem Domino-Effekt brachen am 5. Januar 2011 Unruhen in Algerien, am 25. Januar 2011 Unruhen in Ägypten, die zum Rücktritt Husni Mubaraks im Februar führten, und weitere Proteste in der Arabischen Welt aus, die von den Protesten in Tunesien inspiriert waren und größtenteils vergleichbare Motive hatten.

Nach einem Aufruf über das Internetportal Facebook demonstrierten in Marokko am 20. Februar 2011, tausende Demonstranten für politische Reformen und mehr Demokratie. In den darauf folgenden Monaten kam es immer wieder zu Demonstrationen und Aufständen in verschiedenen Städten des Landes.

Im Folgenden möchte ich versuchen einige der Gründe, warum es in Marokko (bisher) nicht zur Revolution kam aufzudecken. Als theoretischen Leitfaden benutze ich Jack A. Goldstones 2001 veröffentlichten Artikel „Toward a new theory of revolutions“. In diesem sehr komplexen Artikel stellt Goldstone sämtliche verschiedene Ansatze zu Revolutionen und kollektivem Handeln vor. Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, werde ich jedoch nur die Elemente darstellen, die sich auf die Situation und Entwicklung in Marokko anwenden lassen. Diesen Leitfaden im Hinterkopf werde ich dann versuchen die Situation und Ereignisse in Marokko darzustellen.

Goldstones theoretischer Ansatz

Vorangehend ist zu sagen, dass es keine allgemein anerkannte Definition und Theorie zum Thema Revolution gibt.

Jack A. Goldstone versucht es wie folgt:

A Revolution is „an effort to transform the political institutions and the justifications for political authority in a society, accompanied by formal or informal mass mobilization and noninstitutionalized actions that undermine existing authorities.” (Goldstone: 142)

In seinem Artikel „Toward a fourth Generation of Revolutionary Theory“ bringt Goldstone die Arbeiten verschiedener Soziologen und Anthropologen, die sich mit dem Thema Revolution und kollektives Handeln befassen, zusammen. Er verbindet so die Herangehensweisen und Ergebnisse verschiedener Ansätze, wie komparative Fallstudien, rational choice models und quantitative Analysen.

Um Revolutionen verstehen zu können, solle man zunächst Faktoren, die ein Regime stabilisieren, fokussieren, da dort auftretende Schwachstellen Angriffspunkte für revolutionäre Bewegungen seien. Politische Stabilität sei nicht nur bestimmt durch strukturelle Umstände, wie zum Beispiel das Verhältnis zwischen Staat und Eliten. Schlüsselthemen seien vielmehr (1) ob Staaten die finanziellen und kulturellen Ressourcen besitzen, um Pläne die sie versprochen haben und deren Erfüllung von ihnen erwartet wird, umzusetzen, (2) ob Eliten geeinigt oder gespalten und sogar opponierend sind und (3) ob opponierende Eliten sich mit dem Protest von Volksgruppen verbinden. Diese Stabilität müsse jedoch in einem fortlaufenden Prozess reproduziert werden (Vgl. Goldstone: 147).

Effektivität und Gerechtigkeit seien die zwei Hauptkriterien bei der Bewältigung von Staatsvorhaben und der Untermauerung kultureller Unterstützung. Solange eines der beiden Kriterien erfüllt werde, könne ein Staat seine Stabilität erhalten. Erfüllen sich diese Qualitäten jedoch nicht, bedeute das in der Regel den Verlust der Unterstützung der Eliten und des Volkes. Als einen von mehreren Umständen, die einen Staat als nicht effektiv oder gerecht erscheinen lassen können, nennt Goldstone anhaltendes Bevölkerungswachstum, mit dem Arbeitsmangel, Minderung des Einkommens, Wohnungsknappheit etc. einhergehen.

Um ein revolutionäres Milieu zu schaffen, bedürfe es neben von ihm häufig genannter gespaltener, polarisierter Eliten, der Mobilisierung des Volkes. Diese könne traditionell, informal oder durch Eliten gesteuert sein. Informale Mobilisierung ergibt sicht meist als Reaktion auf eine Krise und rekrutiert sich aus bereits bestehenden Netzwerken, die auf Freundschaft, Nachbarschaft oder einem gemeinsamen Arbeitsplatz basieren können. Jede Art von Mobilisierung führe aber meist nur im Zusammenschluss mit den Staat opponierenden Eliten zu erfolgreicher Revolution.

Diese strukturellen Bedingungen bilden die Basis für Konflikte. Die Form und das Ergebnis der auf diese Situation reagierenden Bewegung, ist bestimmt durch deren organisatorische, ideologische und strategische Elemente.

Eine Voraussetzung für erfolgreichen Aktivismus sei, dass Akteure sich mit der Protestgruppe identifizieren und ihr Handeln durch Identifikation mit den Kosten und Verdiensten für ein größeres Ganzes formen. Goldstone macht drei Quellen für diese Identitäten aus: (1) Die Gruppe helfe individuellen Groll gegen das bestehende System zu bestätigen und zu rechtfertigen und (2) vermittle ein Gefühl von Macht, Autonomie und Wirksamkeit, soweit sich Erfolge verzeichnen lassen. (3) Des Weiteren würde der Staat selbst diese Identitäten durch Gegenmaßnahmen, die die Protestgruppe als außerhalb des staatlichen Schutzes verorten, stärken oder erst formen. Die Protestgruppe bekomme Zulauf, da sie die vom Staat erwarteten Qualitäten, Effizienz und Gerechtigkeit, erfülle.

Die Herausbildung und Aufrechterhaltung von Protestidentitäten speise sich aus dem bestehenden kulturellen Rahmen (Mythen, Werte, Geschichten etc.), Ideologien und gekonnter Führung. Ideologien, die im Gegensatz zum historisch entwickelten kulturellen Rahmen konstruiert sind, seien am erfolgreichsten, wenn sie auf bereits bestehende Geschichten und Mythen zurückgreifen und diese im zeitgenössischen Kontext verbinden könnten.

Im Weiteren beschreibt Goldstone verschiedene Formen der Führung (leadership) und Ergebnisse von Revolutionen, auf die ich jedoch in diesem Rahmen nicht weiter eingehen kann.

Ein marokkanisches Beispiel?

Zunächst werde ich die strukturellen Umstände für die Aufstände in Marokko vorstellen, die auch denen in Tunesien und Ägypten ähneln.

Laut der Sendung „Mit offenen Karten“ beträgt der Bevölkerungsanteil der 0-25 Jährigen fast 50 Prozent. Die Alphabetisierungsrate der 15-25 Jährigen liegt bei 78 Prozent, dazu studieren viele junge Erwachsene oder verfügen bereits über einen Universitätsabschluss. Die Jugendarbeitslosigkeit in den nordafrikanisch-arabischen Staaten und denen der Arabischen Halbinsel beträgt im Durchschnitt

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